In diesem Abschnitt sollen in wechselnder Folge Teilgebiete unserer Geo-Ag
und unseres Hobby's dargestellt und erklärt werden.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Stöbern.
Cystoideen - eine Einführung
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Der Autor dieses Aufsatzes, Herr W. Drichelt aus Kiel, befasst sich u.a. seit vielen Jahren
intensiv mit der Klasse der Cystoidea und fand hierbei auch Kontakt zu anerkannten Grössen wie
z. B. Prof. G. Regnéll, einem schwedischen Wissenschaftler, der entscheidend die moderne
Forschung auf dem Gebiet der "noncrinoiden Pelmatozoen" prägte.
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Cystoideen, häufig auch als Beutelstrahler bezeichnet, sind als eine primitive, aber formenreiche, im Devon ausgestorbene Klasse der Echinodermaten bekannt. Der Name entstammt dem griechischen Wort "cystis" und bedeutet "Blase". Zittel prägte als Synonym den Begriff der "Hydrophoridea", was soviel bedeutet, wie "wassertragend". Diese Klasse erscheint nachweislich zum ersten Mal im Ordovizium und hat in dieser Formation auch ihre größte Formenvielfalt zu verzeichnen.
Cystoideen sind Tiere mit kugeligen, birnen- oder eiförmigen Kelchen (Thekae) sowie einer wechselnden Anzahl armähnlicher Anhänge (Brachiolen), die jedoch fossil fast nie erhalten blieben. Ihre Größe schwankt von wenigen Millimetern (Cystoblastus leuchtenbergi, Eucystis, Heliocrinites ...) bis zu über 400 mm bei Calix mit etwa 2000 Einzelplatten.Durchschnittlich kann man von Durch-messern oderr Längen von 20-50 mm ausgehen.
Cystoideen bestehen aus zahlreichen, zumeist planlos angeordneten vieleckigen Platten mit
typischer Perforation. Der Kelch ist mit einem kurzen, hohlen Stiel festgehaftet oder stiellos mit seiner Theka an diversen Objekten des Meeresbodens befestigt. Außer einer rundlichen oder schlitzförmigen, kurzröhrigen Mundöffnung, die stets nach oben gerichtet ist, sind häufig eine seitlich liegende After-öffnung, bedeckt mit fünf Platten, seltener eine winzige Genitalpore und
eine Hydropore als Einlaß in das Wassergefäßsystem fossil erhalten.
Caryocystites lagenalis REGNÉLL, Mittleres Ordovizium
(...ein typisches Beispiel für einen 'Beutel-Strahler)
Cystoideen lassen eine für alle Echinodermaten typische, deutliche Spaltbarkeit nach
Skalenoederflächen erkennen, die sich durch das Glitzern reflektierender Flächen verrät.
Echinosphaerites aurantium (GYLLENHAAL)
Unteres - Oberes Ordovizium
Geschichte und Taxonomie
Die Erforschung der Cystoideen ging von schwedischen Naturforschern aus. Noch im 18. Jahrhundert war die taxonomische Stellung der Beutelstrahler lange ungeklärt. So sprach Linné 1745 von "Kristalläpfeln" und "Ornamentsteinen" und erwähnte 1768 die sogenannten "Spatkugeln", während Wallerius 1775 die Cystoideen in sein systematisches, mineralogisches Werk aufnahm.
Gyllenhaal (1772) erkannte als erster den organischen Ursprung der Cystoideen, stellte sie aber taxonomisch zu den Echinoideen.
Von Buch, der als einer der ersten Forscher die Cystoideen als eigenständige Gruppe erkannte, schrieb: "Cystoideen sind natürliche Körper, die auf einem Stiel sitzen, der sie am Boden befestigt. Ihre mehr oder weniger kugelförmige Oberfläche wird von einer großen Menge von ineinandergreifenden, polyedrischen Täfelchen oder Asseln bedeckt. Zwischen diesen Täfelchen sind die zum Leben des Thieres nothwendigen Öffnungen, unter denen sich jedoch keine befinde, aus welchen Arme, denen der Crinoideen ähnlich, hervortreten können.
Das Thier ist völlig armlos."
Von Buch, der zwar als erster eine deutliche Abgrenzung zu den Crinoideen aufstellte, muß unter anderem in der "Armlosigkeit" widersprochen werden. Da er aber seine Erkenntnisse aus der Erforschung von Sphaeroniten und Echinosphaeriten zog,
kann man ihm dies nachsehen.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu präzisen Erkenntnissen und Ergebnissen in der
Cystoideenforschung. Jaekel's umfassende Werke (1899) haben auch heute noch größte Bedeutung
und sind als erste Standardwerke zu betrachten.
Regnéll, ein schwedischer Forscher, hat die moderne Cystoideenforschung seit Jaekel umfassend
aktiviert und aktualisiert. Sein 1945 erschienenes Standardwerk "NON-CRINOID PELMATOZOA FROM
THE PALEOZOIC OF SWEDEN" ist gerade für den Sammler im skandinavischen Raume unentbehrlich.
Trotz taxonomischer Unstimmigkeiten sind sich alle Autoren über die Einteilung
der Cystoideen in die Gruppen der Rhombifera und der Diploporita einig.
Bestens bekannt, auch im Geschiebe, sind die Vertreter der Gruppen Echinosphaeriten (Rhombifera) und Sphaeroniten (Diploporita).
Echinosphaerites aurantium (GYLLENHAAL)
Unteres - Oberes Ordovizium
Sphaeronites pomum GYLLENHAAL
Unteres - Oberes Ordovizium
Der Aufbau der Theka bei Rhombifera und Diploporita
Alle Cystoideen zeigen charakteristisch angeordnete Perforationen, die von großer taxonomischer
Bedeutung sind. Die Theka besteht meist aus festen, dicken Platten. Die Oberfläche ist glatt, wenn
zahlreiche Platten vorhanden sind. Bei geringer Plattenzahl überwiegen
große Elemente mit ausgeprägter Struktur.
Echinoencrinites angulosus (PANDER)
Unteres Ordovizium
Eine Plattenunterscheidung "Oral - Aboralseite" ist meistens nicht möglich. Im Scheitel der Theka liegt
der Mund, daneben oft die Afteröffnung sowie ein Genitalporus (Gonopore). Sehr selten ist eine
Siebplatte (Madreporenplatte / Madreporit) wie bei den Echinoideen vorhanden.
Die Zahl der Ambulakralfelder beträgt zwei bis fünf. Diese Felder sind mit zweizeilig angeordneten
Fangfingern (Brachiolen) besetzt. Eine gewisse Konstanz der Plattenanordnung ist zu verzeichnen,
jedoch nie eine radiale Symmetrie wie bei den Blastoideen oder Crinoideen. Die Unterscheidung nach
Rhombifera und Diploporita erfolgt je nach Anordnung und Verlauf
der verbindenden Kanäle zu den Plattengrenzen.
Diploporita
sind Cystoideen mit zahlreichen, relativ kleinen Platten, die meist von paarweise auftretenden
Poren durchdrungen werden und deren Porenkanäle die Plattengrenzen nicht überschreiten.
Bei einigen Vertretern sind Diploporen (Doppelporen) auf allen Platten der Theka dicht
gedrängt zu finden, während sie bei anderen auf bestimmten Platten lediglich spärlich
verteilt sind. Es sind zwei bis drei Porenmündungen zu finden, die auf der gleichen thekalen
Platte liegen. Diese sind durch eine jochartige Rinne miteinander verbunden.
Mitunter liegen die Mündungen der Poren auf warzen-ähnlichen Erhöhungen.
Porenquerschnitt und Poren in der Aufsicht
Als typisches Beispiel kann die hier die Gattung Sphaeronites der Familie der Sphaeronitidae dienen.
Sphaeronites pomum GYLLENHAAL
Unteres - Oberes Ordovizium
Der Umriß der Theka dieser Gattung mit ihren fünf sehr kurzen Ambulakren ist ei- bis kugelförmig.
Auf der 1-5 cm durchmessenden Theka befindet sich eine große Zahl polygonaler Platten, auf denen
jeweils bis zu 50 Diploporen angeordnet sein können. Alle Platten sind mit Diploporen bedeckt.
Eine Gonopore konnte bisher nicht gefunden werden. Anus und Mund sitzen in unmittelbarer Nähe
zueinander auf der Oberseite der Cystoidee. Ein Stiel ist nicht vorhanden.
Man findet Sphaeronites oft auf Muscheln etc. festgehaftet.
Sphaeronites stellt eine der am häufigsten vorkommenden Cystoideen dar. Aus dieser Gattung
entstandene gesteinsbildende Lagen des Unter- und Mittelordovizium dienen als Leithorizont im
oberen Teil des Asaphuskalkes. Die stratigraphische Verbreitung erstreckt sich vom ‚Unteren' bis
hin zum ‚Oberen Ordovizium'.
Gesteinsbildende Lagen von Sphaeroniten (im Anschliff)
Rhombifera
sind Cystoideen mit relativ wenigen, relativ großen Platten, mit Ausnahme von Echinosphaerites.
Diese Platten sind in einer bestimmten Weise angeordnet. Jede der Platten kann numerisch erfaßt
zugeordnet werden. An Stelle der Diploporen zeigen sich Dichoporen, die als Porenrauten oder
schlitzartige Öffnungenin verschiedener Weise auftreten. Die Poren sind rhombenförmig angeordnet
und stets auf zwei benachbarte thekale Platten verteilt, so daß die Plattengrenze entweder eine
lange oder eine kurze Diagonale des Rhombus bildet.
Zwei Poren der oben beschriebenen Art sind in der Regel durch Schlitze verbunden.
Stichocystis geometrica (ANGELIN)
Mittleres Ordovizium
Rhombifera besitzen insofern in der Evolution größte Bedeutung, da sich nahe Beziehungen zu
Eocrinoideen, zu Crinoideen und Blastoideen herstellen lassen. Es sind 46 Gattungen bekannt.
Die stratigraphische Verteilung erstreckt sich vom Unteren Ordovizium bis zum Oberen Devon.
Als typisches Beispiel soll hier die Gattung Echinosphaerites aus der Familie der Echinosphaeritidae
angeführt werden. Die uns vielleicht durch das Geschiebe am meisten vertraute Cystoidee ist am
längsten in der Literatur bekannt und wurde häufig beschrieben. Die mittlere Größe der Gattung
beträgt im allgemeinen 3 - 5 cm. Eine weitere Art -Echinosphaerites grandis- kann jedoch bis zu
10 cm Größe erreichen. Die Theka ist kugel- bis eiförmig und besteht aus 800-850 dünnen Platten,
die unregelmäßig polygonal im Umriß und wenig skulpturiert sind.
Der rhombifere Charakter ist nur schlecht erkennbar. Die Poren sind nach innen geöffnet und mit
unter der Oberfläche verlaufenden Kanälen versehen. Ein kleiner Mundfortsatz mit winzigen
Brachiolfacetten ist vorhanden. Am gegenüberliegenden Endeder Theka befindet sich ein winziger
hohler Stiel. Die Analpyramide in der oberen Hälfte der Theka ist mit dreieckigen Platten bedeckt und
meist gut erhalten. Es sind zwei bis fünf kurze Ambulakralfelder vorhanden. Die runde bis dreieckige
Gonopore liegt nahe der Mundöffnung, etwas rechts von der gedachten Linie ‚Mund?After'.
Die fossilenVertreter sind im Hohlraum oft mit herrlichen Calcitkristallen ausgefüllt (Kristalläpfel,
Sammelkristallisationmit Calcit-Skalenoedern) oder auffällig häufig mit Erdöl gefüllt!
Innerhalb der des Cystoideenhohlraums kann man hierzusätzlich einen Rauchquarzkristall erkennen
Jede ursprüngliche Platte repräsentiert ein nach innen ausgebildetes Kalzitkristall
Diese Gattung ist lagenbildend - Cystoideenkalk, Echinosphaeritenkalk. Sie dient als Leithorizont im
Chasmopskalk. Ihre stratigraphische Verbreitung reicht vom Unter- bis zum Oberordovizium.Bild:
Echinosphaerites aurantium (GYLLENHAAL)
Unteres - Oberes Ordovizium
Echinosphaerites aurantium (GYLLENHAAL)
Unteres - Oberes Ordovizium
Der rhombifere Charakter ist nicht unbedingt sofort erkennbar, so dass dem Studium dieser Klasse
idealisierte Skizzen durchaus zuträglich sein können.
Fundgebiete sind im skandinavischen Raum in Schweden Dalarna, Västergötland, Östergötland, Öland,
Närke, Gotland (in der Reihenfolge der Individuenhäufigkeit und Artenvielfalt genannt). Andere
Fundorte sind die USA, Kanada, England, Frankreich, Norwegen, UdSSR (GUS), Deutschland (Devon
von Bundenbach, Ordovizium bei Hof). Als Geschiebefunde sind sie aus dem norddeutschen Raum
(Küstenbereiche und Kiesgruben) gut bekannt.
Weitere Angaben und ausführlichere Texte können unter der
eMail-Adresse drichelt@web.de abgerufen werden.
Autor: Werner Drichelt, Kiel
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Feuerstein
Als "zugereistem" Bürger des Bundeslandes Schleswig-Holstein mögen mir
folgende Worte erlaubt sein:
Zunächst einmal wirbt bzw. warb ein hier wohl bekannter Radiosender immer wieder mit dem
Slogan " des schönsten Bundeslandes der Welt".
Recht hat er!
Was mir dann weiter sofort nach der "Zureise" auffiel, war das doch etwas andere Gestein, nicht
nur am Strand der Ostsee sondern "überall". Der Flint störte zunächst ganz erheblich die Pflege
unseres neuerworbenen Gartens. Wo man auch buddelt, stösst man sofort auf ein mehr oder
weniger grosses Stück des Feuersteins. Der Rasenmäher schiesst mehrmals im Laufe der Saison mit
Flintbrocken und das Barfusslaufen am Ostseestrand sollte man sich an einigen Stränden auch gut
überlegen, da zerschnittene Füsse vorprogrammiert sind.
Aber --- wenn ich diesen Feuerstein nicht finde, sehe, fühle, bin ich nicht zu Hause. Es fehlt
mir etwas. Ähnlich mögen auch die "echten Einheimischen" empfinden, denn sie befassen sich
immer wieder mit diesem Material, das man wortwörtlich "Urgestein" nennen kann.
So auch Herr R. Mende, er war ein Mitglied unserer Arbeitsgemeinschaft,
ein Sammler und Kenner von Mineralen und eigentlich allem, was interessant und schön ist.
Lassen wir ihn zu Wort kommen....
Schlägt man Feuerstein / Flint an Schwefeleisen, so entstehen Funken.Diese Funken reichen aus, um leicht
brennbares Material wie trockenes Laub oder den Zunderschwamm in Brand zu setzen ("es brennt wie
Zunder"). Diese wohl eher zufällige Entdeckung unserer Vorfahren vor vielen tausend Jahren, nach der
man kontrolliert Feuer machen konnte, war sicher ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit
und gab unserem Stein seinen Namen: Feuerstein.
Feuerstein ist eines der häufigsten Gesteine im Geschiebe unseres Landes.Auch das erwähnte Schwefeleisen
ist hier zu finden. Die knolligen und plattigen Konkretionen bildeten sich in der Kreidezeit vor etwa 80 Millionen
Jahren. Feuersteine älterer Epochen der Erdgeschichte sind in Schleswig-Holstein sehr selten zu finden.
Trotz vieler Forschungsarbeiten ist die Entstehung des Feuersteins nicht eindeutig geklärt.
Es gibt dazu verschiedene Theorien, so z.B.:
a) Kreideschlamm wurde durch Kieselsäure verdrängt. Man spricht hier von einer Metasomatose. (Bei einer
Metasomatose wird das Material eines Steines oder verschiedener Gesteinskomponenten aufgelöst und
durch ein anderes Material ersetzt.)
b) Kieselsäure verdichtete sich zu einer gelförmigen Substanz, die durch Wasserabgabe schliesslich
zum Feuerstein wurde. Als Lieferant der Kieselsäure werden meeresbewohnende Mikroorganismen wie
Diatomeen, Radiolarien, Coccolithen u.a. angesehen. Sie bauten ihre Skelette aus Opal (SiO2 x n H2O)
auf. Diese Stützelemente wurden nach dem Tod aufgelöst. "Opal" wurde frei und konnte sich ggf.
anreichern. Es übersteigt unser Vorstellungsvermögen, wenn wir errechnen wollten, wieviele
Milliarden Mikroorganismen erforderlich waren, um die für die Bildung auch nur eines einzigen
faustgrossen Feuersteins erforderliche Kieselsäure in Form von Opal zu liefern.Auch Kieselschwämme
dürften nach ihrem Tod beträchtliche Mengen Kieselsäure geliefert haben.Der Eintrag von Siliziumdioxid
aus verwitterten festländischen Gesteinen (Transport durch Flüsse) wird ebenfalls diskutiert.
In einem Modell soll kurz der bisher gedachte Ablauf erläutert werden:
Das Oberkreide-Meer des heutigen Niedersachsen wird als Meerenge angesehen, die sich vom Harzrand
bis zum südlichen Skandinavien erstreckte. Hier kam es in den Bereichen geringerer Strömungen zu
Anreicherungen von Kieselsäure, die zum einen von Flüssen zugeführt wurde, zum anderen von den
aufgelösten Kieselpanzern bestimmter Mikroorganismen und von Schwämmen stammte. Langsam sättigte
sich das Meerwasser mit Kieselsäure, so dass es zu rhytmischen Ausfällungen (Flintbildungen) kam. Neben
dieser Art der Oberkreide-Flinte gibt es wahrscheinlich noch weitere Bildungsmöglichkeiten.
... Wiedererkennungseffekt: ein typischer Strandfund der Ostseeküste
Beispielhaft werden hier einige Abläufe beschrieben :
a) es erfolgte eine biogene Kieselsäurezufuhr durch die bereits erwähnten Mikroorganismen:
Liederanten waren Organsimen, deren Hartteile aus amorpher Kieselsäure (Skelettopal) aufgebaut
wurden. Die hierzu benötigte Menge an Kieselsäure wurde dem Meerwasser entzogen. Die Organismen
gehörten ausschliesslich dem Plankton an (pflanzliche Diatomeen und tierische Flagellaten und
Radiolarien). Ihre Stützskelette sanken nach dem Tode zu Boden und wurden aufgelöst.
b) organogene Kieselsäurezufuhr durch Silicispongien: diese Spongien besitzen ein aus
gitterförmig angeordneten Skleren (Spiculae) bestehendes Innenskelett aus Kieselsäure. Skleren
und ganze Schwämme sind im Flint recht häufig zu finden, was früher Anlass zu der Meinung war,
dass ausschliesslich die Schwämme Lieferant für die Flintbildung gewesen seien.
c) anorganische Kieselsäurezufuhr aus Fennoskandia: kann ebenfalls der Bildung des Feuersteins
zuträglich gewesen sein. Der Kieselsäuregehalt des Oberkreide-Meeres war abhängig von der
Zufuhr anorganischer Kieselsäure, die bei der Verwitterung von Silikatgesteinen und durch
Eruption frei wurde. Demgemäss ist der Sättigungsgrad in Buchten und Meerengen grösser als
in der Tiefsee.
Der Transport erfolgte durch Flüsse aus Fennoskandia (Skandinavien). Rezente Ozeane weisen
einen mittleren Kieselsäure-Gehalt von 0,00064% auf.
Nach der unter b) erwähnten Hypothese reicherte sich der Skelettopal durch komplizierte
chemisch-physikalische Prozesse zu einer gelartigen Masse an, die im Laufe der Zeit durch
Wasserabgabe zur festen Konkretion wurde. Über die Zwischenstufe Chalzedon
entstand so der Feuerstein.
Das scheint relativ einfach zu sein, ist jedoch in Wirklichkeit das Ergebnis vieler unterschiedlicher
Prozesse, bei denen Temperatur- und pH-Änderung des Meerwassers, Kieselsäure-Angebot und
-Sättigung und einige andere Faktoren eine Rolle spielen.
Nicht jede Bildungstheorie lässt sich auf bestimmte Feuerstein-Varietäten anwenden. Daher ist
anzunehmen, dass nicht alle Feuersteine gleicher Art und Entstehung sind.
So kompliziert die Entstehung des Feuersteins ist, so verworren sind die Angaben zur Nomenklatur,
zur Begriffsbestimmung. Es herrscht fast "babylonische Sprachverwirrung".Nach der gängigsten,
kurzen Definition ist Feuerstein - ein innig mit Opal durchsetzter krytokristalliner
Jaspis / Chalzedon. Kryptokristallin (griech.: kryptos = verborgen) heisst hier, dass der
Feuerstein keine gestaltlose, morphe Masse besitzt, sondern die durchaus vorhandenen
Kristalle sich selbst mit der Lupe nicht erkennen lassen.
...mit Chalzedon durchsetzt.
Abgestorbene Lebewesen bzw. deren organische Zerfallsprodukte haben oftmals eine
katalysatorähnliche Wirkung bei der Konzentrationswanderung von Kieselsäure ausgeübt.
So konnte beispielsweise das Gehäuse eines Seeigels, einer Muschel, eines Brachiopoden
restlos mit Feuerstein ausgefüllt werden. Wir finden diese Gebilde heute als Steinkern.
Dort, wo der Feuerstein ein leeres Seeigelgehäuse völlig umschlossen hat und sich
gleichzeitig ein Hohlraum bildete, blieb manchmal eine Luftblase eingeschlossen.
Hier entstanden dann die bei Sammlern so beliebten "Wasserwaagen". Diese zeigen
die Lage des abgestorbenen Tieres im Sediment an.
Eine weitere, besondere und gesuchte Ausbildung ist der "Wabenigel"
Dieser "Wabenigel" enststammt dem Danien Dänemarks (Mors, Vilsund)
Dieses völlige Einschliessen abgestorbener Lebewesen bzw. deren zunächst erhaltungsfähigen
Reste finden wir sehr oft auch bei den Schwämmen. Ein typisches Beispiel ist Plinthosella, der
beliebte "Klapperstein". In anderen Fällen haben sich die Hartteile später wiederum aufgelöst
und eine Hohlform hinterlassen, in der ursprüngliche Strukturen des Schwammes erhalten
blieben, beispielsweise bei Aulaxina. Und schliesslich konnte auch dieser Hohlraum noch
mit Feuerstein ausgefüllt werden.
...ein anderer, typischer Feuersteinschwamm
Oder bildete sich zuerst der Steinkern und in einer zweiten Phase der das Ganze umhüllende
andersfarbige Feuerstein?
In Flint eingeschlossen sind auch sehr viele Kleinfossilien sowie grössere Organismen, wie etwa Stacheln
von Seeigeln. Vor allem die häufig in grossen Mengen eingeschlossenen Bryozoen (Moostierchen) sind
eine auffällige Erscheinung. Und schliesslich ist der Feuerstein später noch von manchen Lebewesen
besiedelt worden, wie etwa von Serpuliden (marine Ringelwürmer) oder den schon erwähnten Bryozoen.
Wenn man sich aber die Unmengen von Feuersteinen, die keine Fossilien enthalten, an den Stränden
Schleswig-Holstein ansieht, darf man wohl davon ausgehen, dass Organismenreste
bzw. deren Zerfallsprodukte bei der Feuersteinbildung nur eine begrenzte Rolle spielten.
Die unterschiedlichen Farben des Feuersteins - alle Grautöne, schwarz, braun, gelb, rot -haben
verschiedene Ursachen. Teilweise sind sie auf Spuren bereits bei der Bildung eingelagerter organischer
und anorganischer Substanzen zurückzuführen, aber auch oxidiertes Eisen, welches von aussen eindringen
kann, spielt dabei eine Rolle. Die oftmals anzutreffende rein weisse Rinde ist eine Verwitterungserscheinung.
Eine Sonderstellung nimmt der Flint von Helgoland mit seinem roten Kern ein.Es wird angenommen,
dass das Gestein bereits während der Genese durch ausgefälltes Eisen rot gefärbt wurde, während
die Färbung sonst als sekundärer Vorgang durch Lösungseinwirkung zu verstehen ist.
Nicht selten finden wir bei uns den grünberindeten Feuerstein, der ein
"bewegtes Leben" hinter sich hat. Hier sein Lebenslauf in Kurzfassung:
-Entstehung des Feuersteins
- das Meer arbeitete die Kreide auf, so dass die Feuersteine freigelegt wurden
- der Meeresboden wurde zu Festland, Verwitterungseinflüsse förderten die Bildung von
Eisenoxiden, erkennbar an der braunen Zone
- das Gestein geriet wieder in den Bereich von Meerwasser
- hier bildet sich eine Rinde aus grünem Glaukonit.
Eine auffällige Erscheinung sind die an Achate erinnernden, gebänderten Feuersteine.
Hier wechseln hellere, kalkreiche mit dunkleren, pigmentreichen Lagen.
Als Ursache dieser rhytmischen Ausbildung werden auch Temperaturunterschiede
während der Entstehung angenommen.
der gebänderte...
der gesprenkelte ...
Den durch kleine Kreidepartikel gesprenkelten, sogenannten gefleckten Feuerstein haben die
Gletscher aus der schwedischen Provinz Schonen zu uns gebracht.
Hohlräume im Feuerstein zeigen uns gelegentlich schöne Ausbildungen verschiedener Mineralien:
- hervorragend ausgebildeter, wasserklarer Bergkristall
- glaskopfartigen oder kugeligen Chalzedon, manchmal in kräftig blauer Farbe
- grauen oder weissen, nadeligen Aragonit
Puddingstein wird ein seltenes Konglomerat aus abgerollten, verschiedenfarbigen
Feuersteinen genannt, die durch ein kieseliges oder kalkiges Bindemittel verkittet sind.
... hier ein echter Fischkopp
Zur Deutung mancher rein zufälligen Bildung der Konkretionen können wir unserer Phantasie wie
bei der Betrachtung der von Künstlerhand geschaffenen, modernen Skulpturen freien Lauf lassen.
Doch wenn auch Ähnlichkeit mit Lebewesen vorhanden sein mag, handelt es sich dennoch
um Pseudo-Fossilien (griech.: pseudos=Lüge)
Als der Mensch lernte, Waffen und Werkzeuge aus Stein zu schaffen, wurde der Feuerstein zu
einer begehrten Ware, denn dieser Rohstoff lässt sich auf Grund seiner homogen-feinkristallinen
Struktur durch Schlag und Drucktechnik hervorragend abspalten und formen. Und wegen seiner
grossen Härte war er vor der Entdeckung der Metalle der "Stahl der Steinzeit".
Der Feuerstein wurde dort, wo er oberflächennahe zu finden war, regelrecht bergmännisch
abgebaut frisch gewonnener Feuerstein enthält bis zu 3% Wasser, so lässt er sich am besten
bearbeiten). Besonders in Dänemark, England, den Niederlanden, Belgien und Frankreich, aber
auch in vielen anderen Ländern der Erde sind umfangreiche derartige Abbaue archäologish
nachgewiesen und erforscht worden.
Die Technik der Herstellung von Waffen und Werkzeugen verfeinerte man immer mehr. Dieses
beweisen die vielen Funde hervorragender Exponate auch in Schleswig-Holstein. Eine neue Blütezeit
erlebte die Feuerstein-Industrie noch einmal in der Zeit vom 16.-18. Jahrhundert, nachdem das
Steinschlossgewehr erfunden worden war.Immerhin verdankt die Flinte dem Flintstein ihren Namen.
Wiederum bestand hoher Bedarf an bergfrischem Feuerstein, dessen Weiterverarbeitung
beispielsweise in Frankreich und Polen vielen Menschen Lohn und Brot gab. Heute beschränkt
sich die Anwendung dieses Gesteins auf wenige Anwendungsgebiete wie Split zum Strassenbau,
Herstellung feuer- und säurefester Materialien und Zuschlag zur Porzellanherstellung.
Zu uns gelangte der Feuerstein als Geschiebe. Die Gletscher der Eiszeit haben dieses Gestein
aus dem Norden und Nordosten Europas zu uns hergeschoben. Die ursprünglichen Ablagerungen
des Kreidemeeres sind in Schleswig-Holstein mit jüngeren Sedimenten bedeckt im Raum Kiel mit
etwa 800 Metern. Lediglich bei Lägerdorf nahe Itzehoe und auf der "Düne" vor Helgoland tritt die
Kreide bei uns zutage.Hier wurde sie durch salztektonische Vorgänge an die Erdoberfläche gedrückt,
wie etwa beim Segeberger Kalkberg.
Auf den Inseln Rügen und Moen mit ihren bekannten Kreideklippen jedoch waren Gletscher für das
Hochdrücken der mächtigen Kreidescholen verantwortlich. An diesen Steilwänden können wir auch
sehr schön die Feuersteinlagen in ihrem Muttergestein, dem Sediment des Kreidemeeres, beobachten.
Die Liste der Literatur über den Feuerstein / Flint ist sehr umfangreich. Die Meinungen über
den Entstehungsvorgang, sowohl aus geologischer, wie auch aus chemisch-physikalischer Sicht
sind aber nach wie vor kontrovers. Derzeit werden "verwandtschaftliche Beziehungen" zur Bildung
des versteinerten Holzes und der Achate diskutiert. Insgesamt aber wirft die Entstehung des
Feuersteins zur Zeit noch mehr Fragen auf, als Antworten gegeben werden können.
Vorstehende Ausführungen sollten beweisen, dass der in Schleswig-Holstein so häufige und damit
"ganz gewöhnliche" Feuerstein ein für Geologen, Mineralogen, Paläontologen, Archäologen und
Sammler gleichermassen hochinteressantes Gestein ist.
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Trilobiten - kleine Monster
Trilobiten, Dreilapper, gehören zu einer ausgestorbenen Gruppe meeresbewohnender Gliedertiere
(Arthropoden). Sie erscheinen im untersten Paläozoikum vor fast 600 Millionen Jahren in einer
beachtlichen Organisationshöhe.
In den 350 Millionen Jahren ihrer Herrschaft haben sie alle marinen Lebensräume
erschlossen und Formen entwickelt, die durch ihre bizarre Schönheit bestechen.
Dicranurus monstrosus, Devon, Marokko
Im Kambrium stellen sie 60% der bekannten Fauna. Trotzdem nimmt ihr
Artenreichtum schon im Ordovizium stetig ab.
Im Perm, vor 225 Millionen Jahren, stirbt die Klasse der Trilobiten aus.
Man kennt heute etwa 3000 Gattungen mit 20000 Arten.
Lebende Verwandte der Trilobiten sind die echten Krebse und die zu den
Spinnentieren gehörenden Pfeilschwanzkrebse.
Ihren Namen verdanken die Trilobiten ihrem dreigeteilten Rückenpanzer.
Eldredgeops milleri, Devon, USA (Ohio),
Breite des Cephalons 1,7 cm.
Horizontal unterscheidet man den vorderen Kopfschild (Cephalon), den mittleren
Rumpfabschnitt (Thorax) und den hinteren Schwanzschild (Pygidium); vertikal sind es
die zentrale Spindel oder Achse und die seitlichen Pleuren.
Eldredgeops milleri, Länge 1,5 cm. Devon USA (Ohio)
Der Panzer, der aus einer chitinartigen Substanz besteht, schützt das Tier vor Angriffen.
Durch Einlagerung von Kalksalzen ist er besonders gehärtet. Weil der Panzer nicht mitwächst,
muss er regelmässig gehäutet und abgeworfen werden.Die ursprünglichen Segmente sind im
Cephalon und im Pygidium miteinander verschmolzen. Lediglich im Thorax sind die Segmente
noch frei gegeneinander beweglich.
Terminologie des Trilobitenpanzers
Das Kopfschild trägt in der Mitte die gewölbte Glabella; die ursprüngliche Segmentierung
spiegelt sich in den Glabellarfurchen wider. An die Glabella schliessen sich die Festwangen an.
Ein Nackenring leitet zum Rumpf über. Glabella, Festwangen und Nackenring werden als
Cranidium bezeichnet.Eine sogenannte Gesichtsnaht trennt das Cranidium von den beiden
Freiwangen. Unter dem Kopfschild befindet sich eine z.T. zweilappige Platte, das Hypostom.
Es dient dem Schutz des Magens, der sich unter der Galbella befindet.
Odontopleura ovata, Freiwange, Silur, Geschiebe Damsdorf.
Weil bei vielen Trilobiten das Hypostom fest mit dem Vorderrand des Cephalons verwachsen
ist, dürfte es wohl nicht zum Graben oder Scharren benutzt worden sein. Der Thorax besteht
aus 2 bis 40, meist 5 bis 15, Segmenten. Jedes Segment besteht aus dem Spindelring und den
seitlichen Pleuren. Quer über die Pleure verläuft die Pleuralfurche. Auf der Unterseite befindet
sich auf dem Umschlag, dem Panzerteil, der auf die Bauchseite des Tieres übergreift, der
sogenannte Pander'sche Vorsprung. Es handelt sich um einen kleinen Höcker, der als
Widerlager dient und ein zu starkes Übergleiten der Rippen verhindert.
Aulacopleura konincki, Silur, Tschechien.
Das Pygidium besteht aus unterschiedlich vielen, miteinander verschmolzenen Segmenten.
Bei Trilobiten aus dem Kambrium ist es sehr klein; bei jüngeren Formen aus dem Devon kann es
das Kopfschild an Grösse noch übertreffen.
Die meisten Trilobiten besitzen hochentwickelte Facettenaugen, die aus bis zu 15000 einzelnen
Linsen bestehen. Einige wenige Formen sind sekundär wieder erblindet. Manche besitzen in ihrer
Jugendzeit noch eine einzige Linse, die bei dem erwachsenen Tier dann reduziert wird. Man
unterscheidet zwei Augentypen, das holochroale Auge, bei dem sich die einzelnen Linsen
gegenseitig berühren und das schizochroale Auge mit sehr grossen, einzeln stehenden Facetten.
Die Trilobiten sind die einzige Tiergruppe, der es gelungen ist, den doppelbrechenden Kalkspat
(Calcit), optisch richtig orientiert, als Linse einzusetzen. Alle übrigen Gliedertiere benutzen dazu
eine chitinähnliche Substanz mit einer schlechteren Lichtausbeute.
Facettenauge von "Chasmops":
Toxochasmops macroura, Ordovizium, Geschiebe Ostholstein.
Unterhalb der Linse folgt ein Kristallkegel, der die Lichtstrahlen zum Sehnerv weiterleitet.
Die Augen der ältesten kambrischen Trilobiten sind nur selten erhalten. Eine spezielle Naht trennt
das Auge bei der Häutung aus dem Verbund - es zerbricht und geht verloren.
Neben den hochentwickelten Augen besaßen die Trilobiten zahlreiche Sinneshärchen, die
Tastfunktion hatten oder als Strömungsanzeiger fungierten. Auf dem Panzer befinden sich
zahlreiche, treppenartig aufgebaute Strukturen, sogenannte Terrassenlinien. Ihre Deutung als
Sinnesorgan oder Grabskulptur ist umstritten. Unabhängig davon ist die Anordnung der
Terrassenlinien ein wichtiges systematisches Merkmal, ähnlich den Fingerabdrücken der Menschen.
Durch Röntgenuntersuchungen ist es gelungen, die innere Anatomie der Trilobiten zu erforschen.
Hervorragende Ergebnisse erzielte man bei den pyritisierten Trilobiten aus dem Dachschiefer des
Hunsrück. Man fand unter dem Cephalon ein Paar Antennen und drei bis vier Paar Spaltbeine.
Unter jedem Rumpfsegment liegt ein weiteres Paar und schliesslich einige kleinere unter dem
Pygidium.Diese Spaltbeine, die allen Gliedertieren zueigen sind, bestehen bei den Trilobiten aus
einem Laufbeinast, der der Fortbewegung, dem Graben und dem Weidegang dient sowie einem
Kiemenast, der aus starren Filamenten besteht und Atmungs- bzw. Schwimmfunktion hat.
Die Mundöffnung liegt am hinteren Abschnitt des Hypostoms. Die Speiseröhre zieht nach vorn zu
dem grossen Magen, der sich unter dem Frontallobus der Glabella befindet. Der Darm verläuft
unter der Spindel nach hinten und endet unter dem Pygidium. Neben dem Magen liegen seitlich
sogenannte Mitteldarmdrüsen, die ein Verdauungssekret bilden.
Ein umfangreiches Muskelsystem dient zur Bewegung der Beine, der Antennen und des Magens.
Bei einigen seltenen Funden ist es möglich, Muskelansatzstellen zu untersuchen und so das
Muskelsystem der Trilobiten zu rekonstruieren.
Neseuretus tristani, Länge 7,0 cm. Ordovizium, llandeilo, Ciudad Real, Spanien
Männliche und weibliche Tiere zu unterscheiden, ist an fossilem Material sehr schwer.
Dennoch gibt es Versuche, bei den Trilobiten einen Geschlechtsdimorphismus nachzuweisen.
Bei grösseren und meist weniger bestachelten Exemplaren soll es sich um Weibchen handeln;
kleinere und stärker bestachelte Formen sind Männchen.
Auch geringe Unterschiede in der Aufwölbung der Glabella oder in der Anordnung
der Facetten werden dahingehend interpretiert.
Sicher haben die Trilobiten, wie auch alle anderen Gliedertiere, Eier gelegt. Man hat Hohlkugeln
von 1 mm Durchmesser gefunden, die aus einzelnen Phosphatlagen aufgebaut sind. Im Innern der
Kugeln konnte organisches Material nachgewiesen werden. Möglicherweise handelt es sich bei
diesen Gebilden tatsächlich um die Eier der Trilobiten.
Die Larven trugen zunächst einen etwa 1 mm langen Panzer. Dieses Stadium bezeichnet man als
Protaspis. Im Meraspis-Stadium sondert sich ein kleines Schwanzschild ab. Später erscheinen
dazwischen die einzelnen Rumpfsegmente.
Mit dem Erscheinen der vollständigen Zahl an Rumpfsegmenten setzt das Holaspis-Stadium ein.
Ab jetzt erfolgt nur noch ein Grössenwachstum. Die relative Dauer der einzelnen Stadien ist
schwer zu ermitteln. Man nimmt an, dass das Protaspis-Stadium etwa eine Woche dauert, das
Meraspis-Stadium den Rest des ersten Jahres und das Holaspis-Stadium mindestens vier Jahre.
Paradoxides davidis
Länge 27 cm. Kambrium, Manuels River, Newfoundland
Weil der Panzer nicht mitwächst, mussten sich die Trilobiten regelmässig häuten; man schätzt bis
zu 30 mal in ihrem Leben. Hierbei reisst das Kopfschild an der Gesichtsnaht auf und zerfällt in drei
Teile, das Cranidium und die beiden Freiwangen. Der Trilobit schwimmt nach vorn aus dem alten
Panzer heraus.
Bei den meisten Fossil-Funden handelt es sich um solche Häutungsreste oder Exuvien. Manche
Trilobiten klappen das gesamte Kopfschild einfach nach vorn ab. Es liegt dann umgekehrt vor dem
Tier. Diese spezielle Art der Häutung ist nur von wenigen Trilobiten bekannt. Man spricht von der
SALTER'schen Einbettung. Unter dem Panzer hat sich bereits ein neuer gebildet, der aber noch
weich ist und sich erst ein wenig ausdehnt und dann aushärtet. Während dieser Zeit ist
der Trilobit ungeschützt und besonders gefährdet.
Flexicalymene sp., Ordovizium, Marokko.
Natürlich hatte auch der Trilobit im Urmeer Feinde, beispielsweise die meterlangen Kopffüsser.
Vor ihnen schützte ersich durch Einscharren in das Sediment, durch starke* Bestachelung oder
meistens durch Einrollen. Alle Trilobiten hatten die Möglichkeit, sich zusammenzukugeln.
Die weichhäutige Bauchseite war dann allseits von dem harten Rückenpanzer umgeben
und so geschützt.
Kambrische Trilobiten kennt man kaum eingerollt. Ihnen fehlt ein Verschlussmechanismus,
der den Trilobiten auch nach dem Tod zusammenhält.
Jüngere Formen besitzten solche Mechanismen. Hier greifen die Rippen nahtlos ineinander.
Oft passt das Schwanzschild nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip in eine Mulde auf der Unterseite
des Cephalons. Einige Trilobiten tragen auf Kopf, Rumpf und Schwanzschild kräftige Stacheln,
die bei dem eingerollten Tier nach allen Seiten abstehen. Eine solche Stachelkugel ist weitgehend
unangreifbar. Trotzdem findet man manchmal Trilobiten mit verheilten Verletzungen, ein Zeichen
für einen überlebten Angriff.
"Calymene": Flexicalymene meeki, Silur, Ohio, USA.
Trilobiten ernähren sich hauptsächlich durch das Abweiden des Meeresbodens. Einige Formen,
nämlich solche mit einer aufgeblähten Glabella und somit einem grossen Magen, waren
Sedimentfresser. Ob es unter ihnen auch Räuber gab, ist fraglich. Sie besitzen keine Mundwerk-
zeuge, um ihre Beute festzuhalten oder zu zerkleinern. Die meisten Trilobiten lebten im licht-
durchfluteten Uferbereich des Meeres, bis vielleicht hundert Meter Tiefe. Sie liefen auf der
Sedimentoberfläche umher, durchwühlten die obersten Bodenzentimeter oder lebten halb
eingegraben in ihrem Bau.
Nur blinde Formen dürften die dunklen Tiefen des Meeres besiedelt haben. Lange Stacheln
verhindern das Versinken im Sediment. Andere sind reine Schwimmtrilobiten, deren Augen
fast das gesamte Kopfschild bedecken.
Manchmal sind auf dem versteinerten Meeresboden Spuren von Trilobiten zu entdecken.
Man unterscheidet zwischen Ruhespuren, Weidespuren und Laufspuren.
verwendete Literatur: "Trilobiten weltweit. Die Welt der Dreilapper und ihr Spiegelbild in der
Philatelie" von Dr. H.U. Ernst und Dr. F. Rudolph, Verlag Dr. Friedrich Pfeil - München, 2002
Das Buch kann über die u.a. Mailadresse oder über www.fossilbuch.de bezogen werden.
Autor: Dr. F. Rudolph, Wankendorf, SH. Das Mitglied der Geologisch-Paläontologischen
Arbeitsgemeinschaft, Dr. F. Rudolph, befasst sich seit vielen Jahren mit den Trilobiten.
Er ist Inhaber einer Fachbuchhandlung, über die auch weitere Literatur zu diesem Thema
bezogen werden kann: eMail - fossilbuch@t-online.de
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Achate - Schönheiten aus Marokko
Sachlich betrachtet sind Achate:
"...Halbedelsteine, die als gebänderte Form des Chalcedeons aufzufassen sind.
Sie setzen sich aus dünnen Schichten wechselnder Dichte und Färbung zusammen
und weisen parallele Streifen oder ‚festungsartige' Bänder auf.
Vermutlich entstanden Achate aus einer gelartigen Kieselsäure, in der Spuren von Begleitstoffen
nach Art der Liesegangschen Ringe konzentrisch bzw. rythmisch ausgefällt wurden.
Die Abscheidungen von Achaten werden wegen ihrer äußerlich geschlossenen,
abgerundeten Form als Achat-Geoden oder -Mandeln bezeichnet...."
"...bekannte Fundorte sind unter anderem Brasilien und Mexiko...."
Soweit die Theorie. Unter Kennern sehr geschätzte Formen kann man mit
etwas Aufwand und Glück auch in Marokko finden.
Und so führen Exkursionen der Mineraliensammler unserer Arbeitsgemeinschaft
sogar in diese Regionen.
Die Funde, die oft nur mit erheblich körperlichem Aufwand und mit Hilfe einheimischer Führung
möglich sind, werden zu Hause bearbeitet. Es wird geduldig gesägt, geschliffen und poliert.
Doch genug der Theorie.
Die folgenden Bilder wurden von Herrn Peter Parpart zur Verfügung gestellt.
Sie zeigen die Schönheit hervorragend bearbeiteter Achate.
...und nichts sonst
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Achate machen süchtig
Auch in den folgenden Jahren war Herr Parpart wieder in Marokko.
Um die Schönheit und Gastfreundschaft des Landes zu geniessen
und entspannt seinem Hobby zu frönen. Gibt es was Besseres,
um seinen Urlaub zu verbringen?
Es folgen weitere Fotografien seiner Funde...
(hatte ich schon erwähnt, daß diese Schönheiten nur mit
viel Arbeit und Können zu erhalten sind?)
also... ich, der ich hier die Bilder in die Homepage einarbeite und dabei so vor mich
hin sinniere, sammle keine Achate!
aber...man findet immer mal bei Freunden oder auf dem Flohmarkt einen Stein, oder
erhält einen geschenkt (weil man ja gar keine sammelt ;-) ).
Und so wächst die Sammlung und wächst und...nein ich sammle Seeigel, aber...
Man kommt an Achat einfach nicht vorbei!
Sammlung und Foto's: Peter Parpart, Ascheberg 2007
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Massenaussterben
Im Laufe der Evolution gab es jeweils über Jahrmillionen eine positive Entwicklung des Lebens,
aber auch in unregelmäßigen Abständen gewaltige Einbrüche in Form von Massenaussterben.
Ganze Tierklassen verschwanden dabei für immer von der Bildfläche. Im Folgenden soll versucht
werden, die vielgestaltigen Ursachen für diese immer wiederkehrenden Naturereignisse
aufzuzeigen.
Paläontologen sprechen von ‚Massenaussterben', wenn diese Krisen in
geologischer Zeitrechnung relativ plötzlich hereinbrechen.
Das Problem besteht darin, daß die immense Größenordnung der "geologischen Zeitrechnung"
nicht so recht vorstellbar ist.
Man sollte zwischen Artensterben und Massenaussterben unterscheiden,
da das Artensterben ein laufender Prozeß zu sein scheint.
alle 1 Million Jahre sterben 10 % der Arten aus
alle 10 Millionen Jahre sterben 50 % der Arten aus
alle 100 Millionen Jahre sterben 80 % der Arten aus
(nach Prof. Böger)
Gleichzeitig tauchen immer neue Spezies auf.
Die mit Abstand höchste Aussterberate gab es am Ende des Perm. Aber auch am Ende
der Trias, der Kreide und zu anderen Zeiten gab es einschneidende Veränderungen,
Die Ursachen für Faunenschnitte sind vielschichtig, viele Faktoren greifen ineinander,
kumulieren sich, die Auswirkungen mancher Ereignisse sind kaum überschaubar.
Eine entscheidende Rolle spielt zweifellos das Klima, welches
wiederum von diversen Einzelfaktoren gesteuert wird.
Meteorologen bezeichnen das Wettergeschehen von mehr als 30 Jahren als Klima.
Das der Mensch heute auch am Klima ‚herumbastelt', steht außer Zweifel. Darüber, wie
schwerwiegend dieser menschliche Einfluß wirklich ist, ist jedoch heftig umstritten.
Die Temperatur als wesentlicher Klimafaktor wird entscheidend von Sonnenscheindauer
und -intensität gesteuert. Diese wiederum ist unter anderem abhängig vom jeweiligen
Neigungswinkel der Erdachse (die Erde läuft nicht so rund wie wir es empfinden).
Dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen kommt dabei die größte Bedeutung zu.
Auch der Abstand zur Sonne spielt eine Rolle (Ellipsenbahn). Es besteht offenbar
keine Einigkeit darüber, welchen Einfluß unterschiedliche
Konstellationen von Planeten haben (Gravitation).
Unter Berücksichtigung diverser Faktoren kommt man zu rhythmischen
Klimaschwankungen unterschiedlicher Stärke in der Größenordnung
von 20.000, 40.000, 100.000 und 400.000 Jahren.
Das Klima wird ferner von der jeweiligen Lage der Kontinente (Plattentektonik)
beeinflußt, der Albedo, den Meeresströmungen, den Gaseruptionen der Sonne,
gegebenenfalls vom Vulkanismus und vielen anderen Faktoren.
Der Zyklus der vorher beschriebenen Klimaschwankungen ist uns möglicherweise in den
Feuersteinbändern der Schreibkreide sichtbar überliefert.
Temperaturschwankungen im Wasser des Kreidemeeres könnten die Sättigungsgrenze
für gelöstes Siliziumdioxid beeinflußt haben.
Das weitere komplizierte und umstrittene Geschehen um die Feuersteingenese soll hier
nicht weiter erörtert werden.
Die Sedimentationsrate der Schreibkreide wird mit 1-3 cm pro 1.000 Jahren angegeben.
Diese Unterschiede sind erklärlich, da die Population von Plankton und Nannoplankton
über lange Zeiträume sicher nicht immer gleichbleibend war.
Die Albedo, die Reflexion des eingestrahlten Sonnenlichtes, hat eine beträchtliche Bedeutung.
Frischer Schnee und Eisflächen strahlen 80-90 % der Sonnenenergie zurück, Wüsten 30 %,
pflanzenbedeckte Gebiete 15-20 % und das Meer reflektiert nur 5 % der Sonnenenergie.
Ein ganz wesentlicher Faktor im Klimageschehen sind die Meeresströmungen.
Hierzu nur zwei Beispiele:
- Der Golfstrom beschert der südenglischen Küste fast ein Mittelmeerklima und hält
die norwegische Küste bis hin zum Nordkap im Winter eisfrei,
- Vor etwa 5 Millionen Jahren bildete sich zwischen Nord- und Südamerika eine Landbrücke
(im frühen Tertiär hatten sich die beiden Landmassen getrennt).
Das führte zu gravierenden Veränderungen der Meeresströmungen.
Diese Meeresströmungen transportieren gewaltige Salzmengen, steuern also die Salinität
der Ozeane. Änderungen der Strömungsverhältnisse können sich verheerend auf
salzabhängige Meeresbewohner auswirken.
Vulkanismus in seiner vielfältigen Form kann die Temperatur und den
Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre wie auch den Chemismus von Meer- und
Grundwasser beeinflussen. Andererseits kann vulkanische
Tätigkeit auch eine Nährstoffanreicherung bedeuten.
Die Entwicklung von Flora und Fauna hat man sich im übrigen wohl
"wie im richtigen Leben" vorzustellen.
Es herrschte heftige Konkurrenz, ein sogenannter ‚Feinddruck'.
Als der Urkontinent Gondwana zerbrach, hinterließ er Splitter in Form von Inseln,
denen über Jahrmillionen die Verbindung zu anderen Landmassen fehlte.
Hier zeigte sich bis in die jüngste Zeit, wie sich Leben ohne den
erwähnten Feinddruck entwickeln konnte. Beispiele hierfür sind
Neuseeland, Australien oder die Galapagos-Inseln.
Erst der Mensch, der eine Verbindung zu anderen Naturräumen herstellte,
hat hier Flora und Fauna unter anderem durch das Einschleppen fremder Arten
in kürzester Zeit verändert. Gleiches geschah, wenn sich derartige Inseln
durch die Plattentektonik oder Landhebung mit anderen Landmassen vereinten
(Indien-Asien oder die schon erwähnte Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika).
Günstige klimatische Verhältnisse über lange Zeiträume führen zu einer Spezialisierung,
die mit Abhängigkeit gleichzusetzen ist. Das kann die Nahrungskette genauso betreffen,
wie die Unfähigkeit, sich relativ plötzlich an andere klimatische Bedingungen anzupassen.
Die Bedeutung der Spezialisierung spürt der Mensch durch seine Abhängigkeit von der
von ihm selbst geschaffenen Technik.
Wir suchen hier nach Ursachen für die immer wiederkehrenden Faunenschnitte bzw.
Massenaussterben. Schon die wenigen vorstehend aufgeführten Faktoren zeigen,
daß das Werden und Vergehen auf der Erde eine unwahrscheinlich komplizierte
Angelegenheit ist und es dabei noch viel mehr Einflußmöglichkeiten gibt.
Kein einziges der aufgeführten Ereignisse, mag die Katastrophe in unseren Augen
noch so groß gewesen sein, kann auch nur annähernd ein plötzliches Aussterben
ganzer Populationen verursacht haben.
Wir sollten uns fragen, wie dick der Strich ist, der das große Sterben an der
Kreide-Tertiär-Grenze oder am Ende des Perm markiert.
Steht dieser Strich für 1 Jahr, für 100 Jahre oder gar für 1.000 Jahre und noch mehr?
Damit gelangen wir wieder zum Sauriersterben, da darüber halbwegs gesicherte Daten vorliegen.
Ins Spiel kommt hier nun auch die Iridium- oder Meteoriten-Theorie.
An vielen Stellen der Erde, u.a. am Stevns Klint, hat man eine dünne Schicht mit einer
ungewöhnlichen Konzentration des Minerals Iridium entdeckt. Möglicherweise stammt
dieses Iridium aus dem Weltall, ein Meteoritenkrater wurde vor der Küste von
Yukatan (Mexiko) lokalisiert.
Stevns Klint, Dänemark
Aber auch dieses Ereignis hat kein plötzliches Artensterben verursacht.
Amerikanischen Autoren zufolge hat sich der Rückgang der Saurierpopulation sowohl
hinsichtlich der Arten- als auch der Individuenzahlen über mehrere Millionen Jahre
hingezogen. Das letzte Rückzugsgebiet derSaurier war das westliche Nordamerika.
Hier liegt die bewußte Iridiumanomalie 3 m über den jüngstenSaurierknochen.
3 m Sediment stehen jedoch für einige tausend Jahre Erdgeschichte.
Danach starben die letzten Saurier also, bevor es zur Ablagerung des Iridiums kam.
Die Aussagen zu ‚Massenaussterben' oder ‚Faunenschnitten' beruhen zum großen Teil
auf der Häufigkeit der Fossilienfunde und das ist sicher im Prinzip auch berechtigt.
Nur selten wird dabei jedoch die Frage diskutiert, wieviel Gestein im Verlauf der
Erdgeschichte denn in die Subduktionszonen gelangte und dort mitsamt den
eingeschlossenen Fossilien aufgeschmolzen wurde (Kreislauf der Gesteine).
Diese Belege fehlen uns, dabei könnte das ein sehr bedeutender Faktor
zum Thema Faunenschnitte sein.
Und die Quintessenz?
- über 'Sein oder Nichtsein' auf der Erde entscheidet eine Vielzahl unterschiedlichster Faktoren.
- die Zusammenhänge sind äußerst kompliziert.
- "Klimaküche" sind die Ozeane mit ihrem gewaltigen Energiepotential.
- übergeordnet spielt das Klima, aus den verschiedensten Elementen zusammengesetzt,
die entscheidende Rolle.
- es sind 55 globale Klimawechsel in den letzten 2,7 Millionen Jahren belegt.
- erhebliche Differenzen in der Jahresdurchschnittstemperatur können
in der relativ kurzen Zeit von beispielsweise 50 Jahren auftreten.
- offensichtlich kann von "plötzlichem" Artensterben zu keiner Zeit gesprochen werden.
Das Problem besteht darin, daß wir uns in die geologische Zeitrechnung nicht hineindenken
können. Der Begriff "Zeit" ist hier aber der Schlüssel für das Verständnis
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verwendete Literatur:
Beurlen: Welche Versteinerung ist das ?
Eldredge: Wendezeiten des Lebens
Jäger, M. : Faunenschnitt / Was geschah am Ende der Kreidezeit ?
Paturi: Chronik der Erde / Seibold: Das Gedächtnis des Meeres
Stanley: Krisen der Evolution / Fossilien-Magazin / Spektrum der Wissenschaft: Vulkanismus
Autor: R. Mende (†), Raisdorf
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Beyrichienkalk
Eines der häufigsten Geschiebe in Norddeutschland und dem südlichen Dänemark ist der
Beyrichienkalk. Dieser Kalk ist grau bis blaugrau, in verwittertem Zustand auch gelblich
gefärbt und sehr fossilreich. Manchmal kommen Pyritkristalle, Mergellinsen oder
Mergelschichten in ihm vor.
Beyrichienkalk mit Mergellinsen;
Breite des Fundstückes: 11,5 cm, Fundort: Heiligenhafen.
Er stammt aus dem oberen Silur (Ludlow/Pridoli). Man findet
ihn beijedem Strandbesuch, auch deswegen, weil er leicht zu identifizieren ist:
Schon von außen erkennt man, dass er massenhaft Schalenreste enthält.
Der Beyrichenkalk ist ein sehr fossilreiches Gestein. Auch lose, ausgewitterte Fossilien aus
diesem Gestein kommen im Strandkies recht häufig vor, u. a. Brachiopoden. Vielfach findet
man am Strand auch Stücke, auf deren Schichtflächen Wind und Wellen die Fossilien schön
herauspräpariert haben.
Brachiopodenreste; Breite des Fundstückes: 7,5 cm, Fundort: Weißenhaus
Unter dem Begriff Beyrichienkalk werden mehrere ähnliche Kalke zusammengefasst. Der
typische Beyrichienkalk, der massenhaft Ostrakodenreste enthält, ist bisher nur
aus dem Geschiebe bekannt.
Reste von Muschelkrebsen ("Beyrichien");
Breite der Gehäuse: ca. 1- 2 mm, Fundort: Rytsebæk, Møn.
Zu den Beyrichienkalken zählen aber auch Kalke, in denen z. B. die Brachiopoden
Microsphaeridiorhynchus nucula und Protochonetes striatellus vorkommen.
Kalke, die den Beyrichienkalken sehr ähneln, kommen in Estland vor. Die Herkunft der
"eigentlichen" grauen Beyrichienkalke liegt aber vermutlich am Grund der Ostsee
südöstlich von Gotland.
Neben den grauen Kalken dieses Typs finden sich im Geschiebe auch rote Beyrichienkalke.
Diese stammen i. d. R. aus Schonen. Ihre Fauna ist der der grauen
Beyrichienkalke sehr ähnlich.
Roter Beyrichienkalk mit Microsphaeridiorhynchus nucula;
Breite des Fundstückes: 10,5 cm, Fundort: Kåseberga, Schonen.
Detailaufnahme vorhergehendem Bild:
Zwei Brachiopoden (Microsphaeridiorhynchus nucula)
im roten Beyrichienkalk.
Rote Beyrichienkalke sind wahrscheinlich jünger als die grauen (Pridoli bis möglicherweise
unteres Devon). Sie sind deutlich seltener als die grauen, aber mit Geduld auch an den
Stränden und in den Kiesgruben Schleswig-Holsteins und Nordwest-Mecklenburgs zu
finden (selbstverständlich auch an Geschiebestränden in Südschonen, z. B. in Kåseberga).
Der rote Beyrichienkalk ist ein häufiger Bestandteil des sogenannten postsilurischen
Konglomerats.
Postsilurisches Konglomerat;
Breite des Fundstückes: 12 cm, Fundort: Boltenhagen.
Dieses Konglomerat entstand vermutlich in der Trias im Gebiet der südlichen Ostsee.
Wichtige Fossilien in Beyrichienkalken sind Ostrakoden (Muschelkrebse).
Der Wissenschaftler E. BEYRICH war der erste, der feststellte, dass es sich bei diesen
Organismen um Krebstiere handelte. Nach ihm erhielten die Muschelkrebse ihren Namen:
"Beyrichien".
Muschelkrebse sind Krebstiere. Sie sind allerdings schwer als solche zu identifizieren.
Äußerlich sehen sie eher aus wie Muscheln: Ihr Körper ist durch einen Außenpanzer
geschützt, der aus zwei Klappen besteht. Muschelkrebse sind meist recht klein, ihre
Länge erreicht i. d. R. nur wenige mm. Ausnahmen bilden die bis zu mehreren Zentimeter
langen silurischen Leperditien.
Der Beyrichienkalk hat viele weitere Fossilien zu bieten. Besonders häufig sind
Brachiopoden, u. a. Microsphaeridiorhynchus nucula
Aus Beyrichienkalken herausgewitterte Brachiopoden
(Microsphaeridiorhynchus nucula); Breite der Brachiopoden: wenige mm,
versch. Fundorte.
und Protochonetes striatellus,
ein weiterer sehr häufiger Brachiopode
in Beyrichienkalken; Breite des Fossils: 1,1 cm,
Fundort: Schönhagen.
Mindestens eine der beiden Arten ist praktisch in jedem Fundstück vorhanden.
Recht häufig sind auch die mützenförmigen Schalen von Craniops antiqua
(syn. Pholidops antitqua)
Craniops (syn. Pholidops) antiqua, ein kleiner, mützenförmiger Brachiopode;
Länge des Fossils: 2,5 mm, Fundort: Schönhagen.
Muschelkrebse und Craniops (syn. Pholidops) antiqua;
Länge der Brachiopoden: ca. 3 mm, Fundort: Rytsebæk, Møn.
Häufig sind auch Reste von Moostierchenkolonien der Art Ptilodictya lanceolata.
Nahaufnahme einer Bryozoenkolonie der Art Ptilodictya lanceolata;
Breite der Kolonie:ca. 10 mm, Fundort: k. A.
Diese für das obere Silur typische Art bildete Kolonien, die entfernt einer Lanzenspitze
ähneln (daher der Name). Mit der Lupe kann man leicht den Aufbau aus vielen kleinen
Kammern (Zooecien) erkennen.
Aus der Gruppe der Mollusken sind Muscheln, Schnecken und Cephalopoden in
Beyrichienkalken vertreten. Typisch sind Reste der Muschel Pteronitella retroflexa,
die auch aus Gesteinen von Gotland bekannt ist.Schneckenreste sind in
Beyrichienkalken oft durch die Gattungen Loxonema und Murchisonia vertreten.
Schneckenreste im Beyrichienkalk;
Breite des Fundstückes: 3,3 cm, Fundort: Schönhagen.
Die mitunter vorkommenden Cephalopodenreste :
Cephalopodenrest im Beyrichienkalk;
Breite des Fundstückes: 8,5 cm, Fundort: Schönhagen.
sind meist nur schwer zu bestimmen. Auch Tentakuliten sind in Beyrichienkalken
anzutreffen; diese Tiere zählten vermutlich ebenfalls zu den Mollusken.
Trilobitenreste kommen in Beyrichienkalken ab und zu vor:
Schwanzschild des Trilobiten Calymene; Breite des Fossils: 1,3 cm,
Fundort: Hökholz.
Kopfschild eines Trilobiten (?Acaste sp.); Breite des Fossils: 0,7 cm,
Fundort: Schönhagen.
Oft sind die Schalen dunkler als der graue Kalk. Manche Beyrichienkalke weisen auf
bestimmten Schichtflächenmassenhaft Seelilienbruchstücke auf. Es handelt sich i. Allg.
um einzelne Stielglieder oder kurze, zusammenhängende Stielstücke.
Zu den Besonderheiten, die von Sammlern am meisten geschätzt werden, zählen die
Fischreste, die in den Beyrichienkalken mitunter zu finden sind. Meist handelt es sich um
die Flossenstacheln von
Flossenstachel eine Stachelhais; Länge des Fossils: 1,5 cm,
Fundort: Heiligenhafen.
Stachelhaien (Acanthodii). Diese Fische besaßen amVorderrand ihrer Flossen Stacheln;
sie waren vermutlich mit den Knochenfischen verwandt. Sehr selten sind Funde von Zahn-
oder Kieferresten der Stachelhaie.
In Beyrichienkalken wurden auch schon (sehr selten) Reste von kieferlosen Fischen
(Agnathen; werden nach der neueren Systematik nicht mehr zu den Fischen im engeren
Sinn gezählt) gefunden.
Beyrichienkalke sind sowohl für Anfänger als auch für fortgeschrittene Fossiliensammler
lohnende Fundstücke, da sie einerseits immer interessante Fossilien enthalten,
andererseits aber auch manchmal absolute Raritäten!
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Literatur:
BILZ, W. (1996): Geschiebefunde an den Abbruchkanten der Eckernförder Bucht:
Sedimentärgeschiebe des Silur: Beyrichienkalk. - Der Geschiebesammler, Heft 4/1996:
S.151-167, 21 Abb.; Wankendorf
GRAVESEN, P. (1993): Fossiliensammeln in Südskandinavien. - 248 S., zahlr. Abb., Tab.
und Karten; Korb (Goldschneck)
HUCKE, K. / VOIGT, E. (1967): Einführung in die Geschiebeforschung. - 132 S., 5 Tab.,
50 Taf., 2 Kart., 24 Abb.; Oldenzaal (Nederlandse Geologische Vereniging)
ROHDE, A. (2007): Fossilien sammeln an der Ostseeküste. - 224 S., zahlr. Abb., 1 Kart.;
Neumünster (Wachholtz)
ROHDE, A. (2008): Auf Fossiliensuche an der Ostsee. - 272 S., zahlr. Abb., 1 Kart.;
Neumünster (Wachholtz)
RUDOLPH, F. (1997): Geschiebefossilien Teil 1: Paläozoikum. - Fossilien, Sonderheft 12:
64 S., 4 Tab., 28 Taf.; Korb (Goldschneck)
Autor(in): A. Rohde, Quarnbek, 2009
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Agnostensuche in Schweden
oder
"Hühnerfutter-" oder Agnostensuche an der Südostseite von Schonen / Schweden
Aufmerksam wurde ich auf den Küstenstreifen zwischen Brantevik und Gislövshammar durch das
Buch von Palle Gravesen - Fossiliensammeln in Südskandinavien - . Beschrieben werden hier die
Aufschlüsse und Fossilien aus dem Unter-Kambrium bis ins Ober-Ordovizium.
Die letzten Zweifel an einer Fossilienreise in dieses Fundgebiet wurden ausgeräumt durch das
genauere Studium der Bücher von Dr. Frank Rudolph -Die Trilobiten der mittelkambrischen
Geschiebe- und dem Buch von A.H. Westergård -AGNOSTIDEA OF THE MIDDLE CAMBRIAN OF
SWEDEN-, die mir als "Hühnerfuttersammler des Kambriums" = Agnostensammler jede Menge
Erfolg versprachen.
Da eine Fossilienreise mit der Ehefrau auch jede Menge Kultur und Sehenswürdigkeiten (neben
einer Kiste Bücher, für meine Sammelabwesenheit) beinhaltet, sollen diese Informationen auch in
diesem kurzen Bericht nicht unerwähnt bleiben.
Einquartiert hatten wir uns für 14 Tage in einem Ferienhaus in
der Nähe von Mälarhusen mit einemherrlichen Sandstrand.
Mein Sammelgebiet zwischen Brantevik und Gislövshammar
ist ungefähr 3 km lang, ...
... teilen muss man sich allerdings den Strand mit den Kühen
Schräg anstehend ist die älteste Formation in diesem Gebiet, das Unter-Kambrium kurz
hinter Brantevik, wo auch diese herrlichen Rippelmarken zu sehen sind
Schon früh wurden auch diese unterschiedlichen Gesteine für den Bau der
Kirchen und Burgen eingesetzt, z.B. - in Simrishamn - Kirche St. Nicolai
- Glimmingehus -
...die am besten erhaltene mittelalterliche Burg Skandinaviens
Die interessanteste Formation im Sammelgebiet ist für mich das Mittel-Kambrium
mit den Stufen Paradoxides paradoxissimus und Paradoxides forchhammeri.
Eine Menge unterschiedliche Agnostiden aus den unterschiedlichen Kalken konnte ich bergen.
Beispielsweise: Exsulans-Kalk - Triplagnostus gibbus
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Tomagnostus fissus
Hypagnostus-Kalk - Hypagnostus parvifrons, Pygidium
Punctuosus-Kalk - Ptchagnostus punctuosus, Cephalon
Doryagnostus incertus, Pygidium
Andrarum-Kalk - Lejopyge lungreni nanus
Grandagnostus glandiformis - eingeklappt, zu sehen ist das aus 2 Segmenten bestehende Schloss
Clavagnostus repandus
Im Ort Andrarum selbst - klassische Fundstelle der Paläontologie, hiernach wurde der gleichnamige
Kalk beschrieben - waren wir auch und haben uns die alten Steinbrüche und Gebäude angeschaut.
Alaunbruch, Oberes Kambrium
Das gesamte Gebiet ist als Naturreservat geschützt und Steine sammeln ist verboten.
Am Küstenstreifen, in Gislövshammar ist das Ordovizium aufgeschlossen.
Hier wurden aus dem grauen Orthocerenkalk Steine herausgearbeitet,
die dann als Mühlsteine genutzt wurden.
Südostschonen ist auch durch seine frühgeschichtlichen Denkmäler bekannt geworden, hier sei nur
die Schiffsetzung 'Ales stenar' erwähnt, die auf einem Bergrücken ca. 10 km vor Ystad zu sehen ist.
Der größte Ort in der Umgebung ist Ystad, geprägt durch Handel und Seefahrt und heutzutage
bekannt bei uns durch den Kriminalkommissar Kurt Wallander (vom Autor Henning Mankell).
Bekanntestes Gebäude von Ystad ist das alte Theater.
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Ich fühle mich in dieser tollen Gegend von Schweden mit seiner Natur, den Sehenswürdigkeiten
und natürlich den Fossilien sehr wohl und war bereits das zweite Mal dort.
Für weitere Informationen oder Fragen stehe ich gerne zur Verfügung,
bitte an schmuetz@gmx.net.
Autor: H.-J. Schmütz, Laboe
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